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Neuigkeiten aus Athen

Project ELPIDA

Griechenlands Hauptstadt Athen ist nicht nur die größte Stadt des Landes, sondern auch Durchgangsstation für viele Geflüchtete, die über die ägäischen Inseln den Weg nach Europa finden. Ein Update aus der antiken Metropole.



Wer abseits der Touristenviertel durch die Straßen streift, merkt schnell, dass Athen schon immer eine multikulturelle Stadt war. Hier finden sich indische, pakistanische, arabische, persische, kongolesische, albanische und zahlreiche weitere Kulturen, die durch ihre Diaspora im Stadtbild präsent sind.  Gerade in den zentralen Vierteln reihen sich arabische und indische oder mediterrane Imbisse aneinander. Griechenland war schon lange vor der «Flüchtlingskrise» ein Land, in dem sich Menschen aus anderen Weltregionen niedergelassen haben.


Und dennoch könnte die Situation für viele geflüchtete Menschen nicht verschiedener sein, als die ihrer schon lange hier sesshaften Landsleuten, den Imbiss- oder Barbershop-Inhaber:innen. Ein großer Teil der Geflüchteten, die von den Inseln nach Athen kommen, kommt als Teil sogenannter “Transfers”. Das bedeutet, sie befinden sich noch im Asylprozess und werden in eines der Camps in Attika, der Region, in der sich Athen befindet, überführt. Diese Camps bieten ähnliche Lebensbedingungen wie auf den Inseln

mangelhafte Versorgung mit Nahrung und Hygieneprodukten sowie  begrenzter  Zugang zu medizinischer Versorgung. Die Camps liegen alle außerhalb des städtischen Zentrums und sind mit öffentlichem Verkehr schlecht oder gar nicht erreichbar. Schon seit fast einem Jahr wurden die Busverbindungen zwischen den Camps und der Stadt eingestellt. Diese Praxis ist Teil der Bestrebungen, Geflüchtete aus der Stadt zu verdrängen und in abgelegenen Camps zu isolieren - und keineswegs neu.


Infolge der hohen Anzahl von neu ankommenden Menschen im letzten Jahr wurden auch diese Camps rasch überfüllt, was die ohnehin schon schlechten Bedingungen verstärkte. Aufgrund ihrer geografischen Entfernung erhalten die Lager nur wenig Unterstützung von NGOs. Zudem dürfen Organisationen seit Anfang 2023 die Lager nur noch betreten, wenn sie im nationalen Register für NGOs eingetragen sind. Diese Registrierung ist mit hohem finanziellem und institutionellem Aufwand verbunden, den die wenigsten Grassroots-Organisationen bewältigen können. 


Doch nicht nur in den Lagern Ritsona, Malaksa in der Nähe Athens ist die Situation für Geflüchtete schwierig. Besonders hart trifft es Menschen, deren Asylantrag abgelehnt wurde. Wenn sie auch den Rekurs verlieren, werden sie zu sogenannten «undocumented». Dieser Status verhindert den Zugang  zum öffentlichen Gesundheitssystem, zu sozialen Einrichtungen oder zum legalen Arbeits- oder Wohnungsmarkt. Diese Menschen sind besonders schutzbedürftig und von Obdachlosigkeit und Ausbeutung bedroht  und sind auf die Unterstützung von NGOs angewiesen. Aber auch eine positive Entscheidung kann dazu führen, dass Menschen obdachlos werden. Nach der Zulassung ihres Asylantrags müssen sie innerhalb eines Monats das Camp verlassen, was oft nicht ausreicht, um eine Wohnung oder zumindest einen Schlafplatz zu finden.


Zurzeit ist die Lage für NGOs besonders schwierig. Eine beispiellose Welle der Schließung von NGOs oder der Reduzierung von Dienstleistungen hat eingesetzt, wodurch es für die verbleibenden Organisationen immer schwieriger wird, ihren Klient*innen angemessene Dienstleistungen zu bieten. Und das in einer Zeit, in der so viele Menschen in Griechenland ankommen wie seit Jahren nicht mehr. Beispielsweise gab es vor Jahresfrist noch mehrere Freeshops, während es aktuell nur noch einen gibt. Auch essentielle Dienste von NGOs wie die psychosoziale Unterstützung, Housing-Projekte und Fallmanagement etc. wurden in den letzten zwei Jahren stark reduziert, obwohl sie dringend benötigt werden.


Das Leben für Geflüchtete in Athen wird nicht nur durch die stetig schwindende NGO Unterstützung erschwert, sondern auch durch die sich verschärfende Rechtslage. So wurde kürzlich ein neues Gesetz erlassen, das selbst anerkannten Geflüchteten den Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem erschwert.. Die Repression, insbesondere gegen undokumentierte Menschen mit Fluchthintergrund, ist ein weiteres Mittel der Regierung, ein Abschreckungsszenario aufrechtzuerhalten. Da aktuell jedoch kaum Abschiebungen stattfinden, führt diese Form der Abschreckung dazu, dass sich viele irreguläre  Geflüchtete aus Angst vor Verhaftungen nicht mehr in die Öffentlichkeit trauen.


Alles in allem  scheint es so, als würde sich die Politik der Isolation und Repression der letzten Jahre fortsetzen.. Menschen müssen in abgelegenen Camps außerhalb der urbanen Ballungszentren leben, der Zugang zum Stadtzentrum wird erschwert, die Repression insbesondere gegen undokumentierte Migration bleibt bestehen. Zusätzlich wird die Situation dadurch verschärft, dass viele NGOs ihr Angebot reduzieren oder ihre Arbeit ganz einstellen müssen.. Dies wiederum hat einen direkten Einfluss auf das Leben vieler Geflüchteter, insbesondere derjenigen ohne Papiere, die keinen Zugang zu staatlichen Institutionen haben. Zivilgesellschaftliche Housing-Projekte sind selten und haben lange Wartelisten. Nach der Schließung des staatlichen Wohnprojektes ESTIA gibt es nur noch wenige Möglichkeiten, in solchen Einrichtungen unterzukommen. Diese Entwicklungen bestärken uns bei Project ELPIDA in der Überzeugung, dass Unterstützung nach wie vor dringend benötigt wird.

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